Leitfaden zur Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit |
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Erstellen einer Gliederung (:toc Unterthemen:) Warum eine gute Gliederung wichtig istSie können nicht erwarten, dass Ihr späterer Chef in der Realität alles, was Sie ihm auf den Tisch legen, komplett lesen wird. Vielleicht haben Sie schon selbst festgestellt, dass Sie in Fachbüchern relativ viel blättern. Der Grund ist, dass die Arbeit häufig Aspekte beinhaltet, die Ihnen als Leser schon klar sind, oder die Sie zunächst einmal für nachrangig halten. Eine gute Gliederung ist damit ein Service für Ihren Leser. Der Leser kann dann entscheiden, an welcher Stelle Ihres Textes er mit dem Lesen einsteigen will und welche Passagen er überspringen kann. Vielleicht – wenn Ihre Arbeit wirklich exzellent ist – liest Ihr Chef sie am Ende doch komplett – aber sicherlich nicht gleich beim ersten Mal. Wenn aus der Gliederung nicht auf einen Blick ersichtlich wird, wie Sie vorgegangen sind, kann der Leser nicht springen und hat die Wahl, den kompletten Text zu lesen oder den Text ungelesen in den Papierkorb zu schmeißen. Sie dürfen raten, was wahrscheinlicher ist. Aus diesem Grund ist die Idee "rätselhafter" Kapitelüberschriften eine sehr schlechte. Zeitungen verwenden dieses Stilmittel gern, um den Leser zum Schmunzeln (und Lesen) zu bringen. Die Hauptüberschrift eines Zeitungsartikels könnte "Pfizer setzt auf spanische Fliege" lauten. Sie werden dann aber mit Sicherheit einen Untertitel finden, der dann "nach Umsatzeinbruch bei Viagra übernimmt Louis Fernandez den Posten des Vorstandsvorsitzenden". Dann entpuppt sich die "spanische Fliege" als Aphrodisiakum und "Louis Fernandez" als (fiktiver) Spanier, der ziemlich klein ist. Für Zeitungen ist das völlig OK. Für Gliederungen eine Todsünde, denn Ihr Leser will nicht gespannt durch Ihre Arbeit blättern, was sich hinter lustigen oder rätselhaften Überschriften verbirgt, sondern er will die Gliederung als "Fahrplan" benutzen. Neben diesem Leserservice machen Sie dem Leser mit einer guten Gliederung auch klar, dass Sie das Problem, an dem Sie arbeiten, auch wirklich verstanden haben. Wenn Ihre Gliederung unklar ist, geht Ihr Leser davon aus, dass Ihr Text es auch ist. Ihr Leser will aber keinen unklaren Text, bei dem er ständig hin- und herblättern muss, weil Informationen, die zusammengehören, an weit entfernten Stellen liegen. Es ist klar, dass Sie für Ihre Fragestellung nicht auf Anhieb die ideale Gliederung finden werden. Sie drehen das Problem so lange hin und her, modifizieren Ihre Gliederung, stellen um … bis Sie den Eindruck haben, dass Sie eine Vorgehensweise gefunden haben, die es dem Leser so einfach wie möglich macht, Ihnen zu folgen. Mit einer guten Gliederung ist eine sehr gute Note möglich, ohne nahezu unmöglich. Eine MustergliederungDie folgende Tabelle enthält die wesentlichen Bausteine der Gliederung einer Abschlussarbeit. Haus-, Seminar- oder Projektarbeiten weisen je nach Vorgaben des Dozenten bestimmte Elemente nicht (oder abgestuft) auf. "Apparat" vor der Arbeit
Einleitung/Einführung
Hauptteil
Abschlussteil
"Apparat" hinter der Arbeit
Allgemeine GrundsätzeSetzen Sie die "richtigen" PrioritätenIm Abschnitt über das Finden einer Fragestellung haben wir schon davon gesprochen, dass es keinen Sinn macht, eine zu breite Fragestellung zu definieren, die man im vorgegebenen Rahmen nicht vernünftig bearbeiten kann. In der Frage, wie Sie Ihre Arbeit gliedern sollen, begegnet Ihnen dieses Problem in ähnlicher Gestalt wieder. Es macht keinen Sinn, auf den ersten 18 Seiten zur Fragestellung hinzuführen, theoretische Grundlagen zu legen, ... und dann die eigentliche Fragestellung auf zwei Seiten abzuhandeln oder einfach die Rahmenbedingungen zu ignorieren und statt 20 Seiten dann 18 Seiten Einleitung und 20 Seiten zur eigentlichen Fragestellung abzuliefern. Das ist kein Ausweis von "Gründlichkeit" sondern von "Disziplinlosigkeit". Ihr Auftraggeber in der Praxis wird sich nicht riesig freuen, doppelt so viel Text zu bekommen, sondern Ihnen den Text um die Ohren hauen oder ihn in den Schredder stecken und beim nächsten Mal jemand anders beauftragen. Ihr Betreuer liest die Arbeit und zieht Ihnen heftig Punkte ab. Es macht Sinn, an dieser Stelle die Arbeit von "hinten" her zu denken. Wenn Sie wissen, was das Ergebnis der Arbeit ist, können Sie einschätzen, wie viel Platz Sie haben, um den Leser zu diesem Ergebnis hinzuleiten. Häufig begegnen uns überdimensionierte "Theoriekapitel", die Ansätze vorstellen, die dann später gar nicht mehr aufgegriffen werden, aber mehrere Seiten Platz kosten. Das merken wir - und denken über zwei mögliche Schlussfolgerungen nach:
Beides führt zum Punktabzug. Finden Sie sinnvolle Proportionen für die KapitelAb und zu lesen wir Arbeiten, die etwas kurios proportioniert sind. Die Arbeit besteht, sagen wir, aus sechs Kapiteln. Die ersten vier Kapitel umfassen zusammen zehn Seiten, das fünfte Kapitel 70 Seiten und das Schlusskapitel zwei Seiten. In den allermeisten Fällen ist eine solche Ungleichverteilung nicht zweckmäßig und deutet darauf hin, dass Sie nicht genug über Ihre Gliederung nachgedacht haben, sondern starr versucht haben, irgendein Schema nachzukochen oder nicht den Mut aufgebracht haben, eine Grobgliederung, die Sie ganz am Anfang erstellt haben, grundsätzlich über den Haufen zu werfen. Ein Beispiel: Ihr Thema lautet Probleme bei der Einführung einer Balanced Scorecard bei einem Unternehmen. Ihre Gliederung sieht so aus:
Das Vermeiden von "Monsterkapiteln" hat weniger ästhetische Gründe als - sagen wir - strategische. In unserem Beispiel kann man leicht erkennen, daß das Monsterkapitel eigentlich gar nicht ein Kapitel ist, sondern eigentlich drei Kapitel, die Sie einfach zusammengetackert haben und die jeweils genügend Bedeutung haben, um für sich zu stehen. Genauso gut hätten Sie die Arbeit also so gliedern können:
Der Grund, warum die zweite Gliederung vorzuziehen ist, ist (in diesem Beispiel) überhaupt kein inhaltlicher Grund. Sie haben einfach nur eine Gliederungsebene herausgenommen. Der Grund ist (wie gesagt) eher ein strategischer. Ein routinierter Leser wird die erste Gliederung mental sofort in die zweite Gliederung "übersetzen" und sich fragen, wieso Sie das nicht gleich getan haben. Sie signalisieren also entweder Ungeübtheit, Betriebsblindheit für die eigene Arbeit oder gar Wurstigkeit. Keines dieser Signale wollen Sie senden. Generelle Regel: Wenn Sie zu einem Kapitel ein Unterkapitel schreiben wollen, müssen Sie mindestens ein weiteres Unterkapitel schreiben. Wenn Sie also das Kapitel 3.1.1 verfassen, müssen SIe auch ein Kapitel 3.1.2 schreiben. Jeder Gliederungspunkt sollte mindestens eine halbe Seite Text umfassen. Setzen Sie die Textverarbeitung so früh wie möglich einAb und zu sitzen Kandidaten in unseren Sprechstunden und halten uns (meist) sauber handgeschriebene Gliederungen unter die Nase. Lassen Sie das. Das ist unprofessionell.
Also: legen Sie so früh wie möglich den Stift beiseite und nehmen die Tastatur zur Hand. |
letzte Änderung der Seite: November 15, 2011 |